„Have you already done ‚The Tongariro Alpine Crossing‘? You should definitely put that on your list – it’s the most beautiful one day hike in New Zealand.“
Die nette Neuseeländerin an der Supermarktkasse im Tongariro Nationalpark legt die Latte für unsere bevorstehende Wanderung – den Tongariro Alpine Crossing – hoch. Die Entscheidung, diese sieben Stunden lange Vulkanüberschreitung zu machen, fiel aber schon früher.
Warum sonst sollten wir mitten in einem aktiven Vulkankrater die Nacht verbringen? Noch dazu in einer – zugegebenermaßen – sehr rustikalen Hütte, die Google noch schnell am Vorabend ausgespuckt hat. So kurzfristig deswegen, weil die Wetterbedingungen für den Tongariro Crossing passen müssen. Da oben auf 1800 Meter herrscht ein raues Klima und wenn das Wetter nicht will dass du da rauf marschierst, machst du das nicht, willst du das nicht und hoffentlich ignorierst du das auch nicht. Von einer Minute auf die andere kann sich selbst im Sommer die Stimmung am Vulkan um 180 Grad drehen. Im neuseeländischen Winter muss man sich dann neben rauen Winden auch auf Temperaturen unter Null Grad Celsius einstellen – selbst wenn im Tal die Sonne versucht, einen vom Gegenteil zu überzeugen.
Wir hatten auf unserer Neuseelandreise (hier geht’s übrigens zur Routenbeschreibung für einen 3 Wochen Trip) ein Fenster von drei Tagen für die Wanderung einkalkuliert. Und der Wettergott zeigte Erbarmen – bei perfekten Wetterbedingungen setzten wir um 9:15 Uhr erste Schritte in Richtung Vulkan. Der Weg dahin benötigte aber auch etwas Vorbereitung.
Tongariro Alpine Crossing: Vorbereitungen und Walk-Details
Da es sich um eine Alpinüberschreitung handelt, ist diese Wanderung eine „One-Way-Strecke“. Üblicherweise wandert man von Mangatepopo zum Ketetahi Carpark. Das ist der einfachere Weg, da man weniger klettern und bergauf gehen muss.
Startpunkt: Mangatepopo Road End, Parkplatz
Ziel: Ketetahi Road End, Parkplatz
Wer stetig, mit 2,3 kurzen Pausen einen Schritt nach dem anderen setzt, benötigt mit dieser Variante bei gutem Wetter (was an diesem rauen Ort Neuseelands) zwischen 6 ½ und 7 Stunden.
Der Tongariro Alpine Crossing ist natürlich keine Einbahnstraße – wer beim Ketetahi Carpark in der entgegengesetzten Richtung starten möchte, sollte allerdings eine extra Stunde einplanen und sich auf lange, lange, lange Serpentinen mit erheblicher Steigung einstellen. Das ist trotz der spektakulären Landschaft – meiner Ansicht nach – weniger attraktiv.
Über die gesamte Wegstrecke hinweg legt man 19,4km zurück. Das ist kein Spaziergang – wer dann nicht noch zusätzliche 26km über die Highways 46 und 47 machen möchte, sollte einen der unzähligen Transport-Shuttles (hier gibts eine Übersicht) buchen.
Step 1 – Transport Service buchen
Die beste Option für jene die ein Auto haben ist, dieses am Morgen beim Ketetahi Car Park abzustellen und sich mit einem Shuttle-Bus nach Mangatepopo fahren zu lassen. Diesen Service lassen sich die Anbieter großzügig mit 30 Neuseeland-Dollar bezahlen (alle kosten mehr oder weniger das selbe). Dafür hat man keine Eile, den Trail rechtzeitig zu beenden. Manche Leute rannten die letzten Kilometer damit der zuvor organisierte Bus für die Rückfahrt nicht ohne sie abfährt. Das wäre für mich nicht möglich gewesen.
Die letzten Kilometer waren die längsten. Die Kappe war zwar vorbildlich im Rucksack verstaut, diese hat aber nie den Weg auf meinen Kopf gefunden. Die Sonne ließ grüßen… obwohl sie sich gut hinter den Wolken versteckt hatte, hinterließ sie in meinem Kopf einen bleibenden Eindruck. Während ich einen Sonnenstich hatte, suchte eine Wespe den Weg in Davids Hosenbein und stach ebenfalls zu.
Gute Ausrüstung ist wesentlicher Bestandteil so einer Wanderung… selbst dann noch, wenn man glaubt, dass man sie bereits geschafft hat.
Step 2 Packliste: Das gehört in den Rucksack
Ich packe meinen Rucksack und nehme mit … viel zu viel. Aufgrund unserer Leidenschaft für schöne Bilder war ein Rücken bereits für die Spiegelreflex-Kamera reserviert. Blieb noch einer, für das restliche Equipment.
Wie bereits erwähnt ist das Wetter wechselfreudig – eine dicke Fleece-/Wollweste, Regenschutz und Softshell-Jacke gehörten daher zum Pflichtprogramm.
Das hat alles Platz in unserem Rucksack gefunden:
- Erste Hilfe Set mit Pflastern (inkl. Blasenpflaster)
- Sonnencreme
- Kappen für Sonnenschutz
- Handschuhe und warme Kopfbedeckung
- Fleece-/Wollweste
- Regenschutz
- (geladenes) Smartphone
- Karte und Kompass (…beides auf dem Smartphone)
- Mittagessen & Snacks (Apfel, Banane, Müsliriegel…)
- Ausreichend Wasser: Manchmal gibt es bei der Ketetahi Hut, die sich am letzten Abschnitt der Wanderung befindet, Trinkwasser. Dass die Hütte geöffnet hat, kann aber leider nicht garantiert werden. Es gibt zwar viele Bäche und Hot Pools in der Gegend, dieses Wasser zu trinken wäre aber mutig. Zum einen ist das Wasser teilweise kochend heiß, zum anderen enthält es Sulfite und Metalle die es ungenießbar machen.
Wanderschuhe mit gutem Profil sind für den teilweise lehmig-rutschigen Boden unbedingt erforderlich. Auf der Route sieht man trotzdem viele Touristen ohne entsprechende Ausrüstung, die nach 2, 3 Stunden Schwierigkeiten beim immer steileren Aufstieg haben.
Im Winter sollte man ergänzend Eispickel, Steigeisen, Gamaschen und entsprechende Kleidung im Gepäck haben.
Step 3: Die Wanderroute und andere wichtige Dinge
Es ist soweit. Wir gehen noch einmal alle aufs Klo und dann geht’s los. Das ist kein Scherz. Der Toilettengeruch steigt zwar intensiver in die Nase als der beißende Schwefel… trotzdem sollte man die Gelegenheit noch mal nutzen, um seine Notdurft zu verrichten. Denn am Wegesrand warten kaum Möglichkeiten sich zu entleeren.
Die vielen Touristen pilgern in Schlangen den schmalen Weg entlang. Erst später trennt sich die Spreu vom Weizen und die Menschenkolonnen verteilen sich.
Dennoch – wer auf traute Einsamkeit am Vulkan eingestellt ist sollte diese Hoffnungen schleunigst in den Vulkankrater werfen. Der Tongariro Alpine Crossing ist bekannt als die beeindruckendste Eintageswanderung Neuseelands und zusätzlich UNESCO Weltnaturerbe. Das steht in jedem Reiseführer und – du erinnerst dich – selbst die nette Dame an der Supermarktkasse macht Werbung dafür. In Zahlen ausgedrückt tummeln sich jährlich circa 25.000 Wanderer auf dem Tongariro, an Spitzentagen soll man sogar bis zu 700 Menschen zählen können.
Diese Fakten sprechen eher gegen einen Toilettenbesuch am Wegesrand. Zum einen wird das Land von den Maori als heilig gesehen, zum anderen sind Flora und Fauna zu niedrig um Sichtschutz zu bieten.
Da musste auch meine Nase durch – die nächste Toilettenstation gibt es nach etwa einer Stunde bei den Soda Springs und dann erst wieder bei der Ketetahi-Schutzhütte bzw. am Ende der Wanderung beim Ketetahi Car Park.
Mangatepopo Parkplatz – Soda Springs



Der Wanderweg beginnt mit einem einfachen 60 bis 90 Minuten Abschnitt auf Wegen und Holzstegen, vorbei an längst erkalteten Lavafeldern und hin zum Fuß des Tongariro Sattels. Diesen Teil der Wanderung können selbst Kinder und ältere Personen bewältigen, die nicht den gesamten Weg gehen möchten. Wie erwähnt stauen sich hier noch größere Kolonnen an Wanderlustigen.
Soda Springs – South Crater – Red Crater



Der Abschnitt ab den Soda Springs bis zum Red Crater ist sicherlich der beschwerlichste. Während der Weg steil bergauf anstieg, ging es für die ersten auch schon wieder bergab. Körperlich zumindest.
Ich war überrascht mit welchem Schuhwerk und in welcher körperlichen Verfassung manche diese Wanderung antreten. Der Tongariro Crossing ist kein Spaziergang! Zwar ist der Weg technisch nicht schwierig, aber lang (sehr lang) und gerade die Wetterbedingungen können ihn zu einem wahren Kreuzweg machen.
Der Aufstieg zum „South Crater“ hat es in sich: 200 Höhenmeter, besser bekannt als „Devils Staircase“, machen sich selbst in Sportlerbeinen bemerkbar. Kurz verschnaufen, den Ausblick genießen und weiter geht’s…



Oben angelangt spaziert man hinein und wieder hinaus aus zwei unterschiedliche Kraterformationen: Der South Crater selbst ist flach wie ein Bügelbrett, was die angestrengten Waden freut. Seitlich türmen sich der Mt. Ngauruhoe (2287m) und der Mt. Tongariro (1967m) auf und laden so manchen Bergfex zu einer kleinen „Nebenwanderung“ ein. Das dehnt die Gehzeit von 7 Stunden schon mal auf 11 – 12 Stunden aus.
Seit Peter Jackson’s Herr der Ringe ist der Mt. Ngauruhoe übrigens auch als Mount Doom bekannt.
Das Gelände bleibt nicht so flach: Der „Red Crater“ ist der höchste Punkt und fordert seinen Tribut. Aber die Anstrengung lohnt sich. Dort angelangt, wird man mit einem unbezahlbaren Ausblick auf die grün-schimmernden Emerald Lakes belohnt.
Bis auf die Menschen, die hier eine Jausenpause einlegen, lässt dieses Terrain auf wenig Leben schließen. Die drei Vulkane in diesem Gebiet sind höchst aktiv und die Rinnen von Lava lassen erahnen, was sich hier oben abgespielt hat, als der Vulkan zum letzten Mal Feuer spuckte. Seit der letzten Eruption 2012 gilt der Vulkan im Bereich der Te Māri Crater übrigens wieder als aktiv – nach 115 Jahren Ruhe.
Der Vulkan brachte große Mengen an Mineralien an die Oberfläche, wie heute die Steine in den unterschiedlichsten Farben zeigen. Es ist unglaublich schön und bedrohlich zugleich.
Red Crater – Emerald Lakes – Central Crater – Blue Lake





Schnell hinunter zu diesem schönen blauen See? Nichts da! Denn der Weg vom „Red Crater“ zu den „Emerald Lakes“ besteht aus Asche und Sand. Das erfordert Geduld und gleicht schon mal einer Rutschpartie.
Nachdem die Emerald Lakes das eigentliche Ziel der Wanderung sind, gönnen sich viele hier ein paar ruhige Minuten, bevor es durch den Central Crater weiter zum Blue Lake geht.
Der letzte Abschnitt: Blue Lake – Ketetahi Hütte – Ketetahi Car Park







Die letzten drei Stunden der Wanderung sind geprägt von langen, kurvigen und gut befestigten Pfaden hinunter zur nördlichen Flanke des Vulkans, vorbei an den Ketetahi Hot Springs. Die Quelle befindet sich allerdings auf privatem Boden, worauf einige Schilder hinweisen. Bei Schlechtwetter kann der Boden generell sumpfig sein. Daher sollte man an den vorgesehenen Wegen bleiben, um die sensible Landschaft zu schützen.
Wir hatten beim Abstieg großes Glück. An dem Tag als wir den Crossing machten, reichte der Blick bis hin zu Neuseelands größtem See, dem „Lake Taupo“. Langsam aber sicher veränderte sich die Landschaft wieder – hin zu einer lebensfreundlicheren Umgebung. Der Weg vorbei an der Ketetahi Hütte bis zum Parkplatz ist geprägt von einer immer grüner und dichter werdenden Pflanzenwelt. Ein entspannter Abschluss für eine so faszinierende Tour.
Durchschnittliche Gehzeiten für die jeweiligen Abschnitte
- Parkplatz Mangatepopo bis Soda Springs: 1-1 ½ Stunden
- Soda Springs bis zum South Crater: 1 Stunde
- South Crater bis zum Red Crater: 1 Stunde
- Red Crater bis zu den Emerald Lakes: 10-20 Minuten
- Emerald Lakes bis Ketetahi Hut: 1-1 ½ Stunden
- Ketetahi Hut bis Ketetahi Parkplatz: 1 ½ -2 Stunden
Quelle für das Kartenmaterial: http://www.doc.govt.nz