Als kleines Kind habe ich den Globus betrachtet und mir dabei die Frage gestellt, warum die Menschen auf der anderen Seite der Erde nicht den Halt verlieren und fallen. Mit der Schwerkraft war ich da noch nicht vertraut. Jetzt sitze ich auf dieser „anderen“ Seite und bin um eine Erkenntnis reicher: In Fiji fühlt sich die Schwerkraft tatsächlich anders an. Nach 10 Tagen auf einer einsamen Insel mitten im Nirgendwo fühle ich mich erleichtert, fast schwerelos. Endlich bin ich auf der Suche nach einer neuen Reiseerfahrung fündig geworden.
Endlich Urlaub!
Nach acht Wochen Reisen endlich Urlaub. Das war der Plan. Mittlerweile kenne ich jede Falte meines Rucksacks, weiß genau wo Zahnbürste, Sonnenbrille & Co. verstaut sind. Kein Wunder, nach fünfzigmal aus- und wieder einpacken. Irgendwann kommst du an den Punkt, wo du auch mal bleiben möchtest. Sonst werden Touren, Tauchgänge und Stadterkundungen zur monotonen Routine.
Fiji erschien uns dafür schon während der Reiseplanung der richtige Ort. Nach Norden, Osten, Westen und Süden tausende Kilometer nur Wasser. Eine Inselwelt, in der man direkt an der Datumsgrenze jeden neuen Tag zuallererst begrüßen kann. Palmen, die im Wind wiegen, kristallklares Wasser, bunte Fische: der wahr gewordene Südseetraum.
Während ich mit eigenen Augen auf das – tatsächlich kristallklare – Meer hinausblicke kann ich nur sagen: Ja, stimmt. Hier ist es wirklich schön. Aber es hat die acht Wochen davor gebraucht, um diese Schönheit wirklich genießen zu können.


Vor der Abreise gab es immer was zu tun, am besten alles gleichzeitig. Wir sind mit viel zu hoher Geschwindigkeit durch’s Leben gerast. Dieses Tempo sind wir auch zu Beginn unserer Reise gefahren. War toll. War anstrengend. Dann wurden wir Schritt für Schritt langsamer.
Den Fuß vom Gaspedal zu nehmen ist nicht so einfach, wenn du erst realisieren musst, dass du den dort festgebunden und mit Steinen beschwert hast.
Glücklich gegessen…
Brisbane war unsere letzte Station in Australien, jene Stadt von der wir anschließend weiter nach Fiji geflogen sind. Und schon dort hatten wir ordentlich an Tempo verloren, auf Genuss umgeschaltet. Wir haben dort keine Tour gemacht, keine Pläne gehabt sondern uns einfach treiben lassen. Und gegessen. Gegrillte Champions mit Haloumi und Brunnenkresse zum Frühstück. Doppelter Espresso. Flammkuchen mit Ricotta und frischen Pflaumen zu Mittag. Espresso. Asiatische Fischsuppe am Abend. Lecker. Lecker. Lecker. Dort haben sich endlich meine heiß ersehnten Reiseglücksgefühle eingestellt. Seither stehe ich unter der Serotonindusche. Hat lange gedauert, ich weiß. Auch die Zeit davor hat sich gut angefühlt. Aber seit Brisbane macht die ganze Reise noch ein bisschen mehr Spaß.
No Internet. No Coffee. Willkommen auf Nanuya Balavu Island!
Zwei Tage später legen wir am frühen Morgen vom Hafen ab und machen uns auf den Weg in die fijianische Inselwelt. Während es an kleinen Inseln vorbeigeht, die zu den Mamanucas gehören, besorge ich uns beiden Kaffee. Ist nicht so lecker wie in Brisbane, aber er entfaltet seine Wirkung. Im Gespräch, beide den To-Go-Pappbecher in der Hand, treffen wir dann eine folgenschwere Entscheidung: Während der 10 Tage auf „unserer“ Insel (Nanuya Balavu Island) wollten wir auf a) Internet und b) Kaffee verzichten. Puh. Nach den Mamanucas landen wir in den Yasawas und mittendrin dann auch irgendwann im Mantaray Island Resort auf Nanuya Balavu Island.
Warum macht man sowas? Vielleicht, weil die längste Phasen ohne Internet in den letzten 15 Jahren für mich Langstreckenflüge waren. Vielleicht, weil Kaffee zu sehr belebender Zaubertrank für mehr Leistung geworden ist. Wahrscheinlich aber, weil das DIE Chance ist, diesen Verzicht unter einfachsten Bedingungen hinzukriegen. Der Kaffee hier ist – vornehm ausgedrückt –ausbaufähig. Internet kostet pro Tag 20 Fiji-Dollar extra.
Ansonsten sind die Zustände im Mantaray Island Resort geradezu paradiesisch. Wir haben eine eigene Bure direkt am Strand, hören das Meer rauschen. Dreimal am Tag gibt’s Essen. Fertig.
Trommelschläge zum Abendessen
Dazwischen habe ich Unmengen an Büchern verschlungen, zigmal die Inselpfade erkundet, meditiert, geschnorchelt, geschlafen. Und meine eigene Mitte wiederentdeckt. Keine Ablenkung durch Internet. Kein Koffein-Hoch durch mein Lieblingsgebräu. Ich habe vergessen, welcher Tag heute ist. Meine Uhr liegt verwaist in einer Schublade. Die Schatten werden länger, könnte also gut sein, dass es später Nachmittag ist. Keine Ahnung, ist aber auch nicht so wichtig. Die Uhren laufen hier sowieso langsamer. It’s Fiji Time! Zum Abendessen wird mit lauten Trommelschlägen gerufen – und zwar dann, wenn es dunkel ist.
Schön? Oder schön langweilig?
Der Großteil der Gäste macht Inselhopping und verbringt maximal zwei Nächte auf der Insel. Unzählige Male haben wir uns beim Abendessen darüber unterhalten ob es hier jetzt langweilig oder doch einfach nur schön ist. Viele wissen mit dieser Unmenge an Zeit nichts anzufangen. Das kann ich gut verstehen, ich bin ja auch so. Aber jetzt nicht mehr.