Reiten in Island

Im Tölt durch Island reiten – am Pferderücken die Natur erleben

Reiten in Island – wenn du wirklich etwas von Island sehen möchtest, steig auf ein Pferd. Die Leute rasen die Ringstraße entlang und bekommen nicht mit, dass sie viel zu schnell sind. In Island musst du langsam werden, immer langsamer… bis du schließlich keiner Sehenswürdigkeit mehr nachläufst. Und das geht am besten im Tölt!

Im Tölt verschmelzen Pferd und Reiter. So war es zumindest bei mir, als die Beine meines Pferdes Lethvedi im 4/4 Takt über den festen Boden flogen, während ich tief im Sattel wie auf Wolken saß. Die Weite der Landschaft vor mir und der gleichmäßige Rhythmus des Isländers unter mir ließen ein Gefühl grenzenloser Freiheit aufkommen. Reiten in Island ist eine einzigartige Erfahrung, die selbst Reitanfänger dort machen können!

Reiten in Island? Pferde gibt es genug

Diese klare Luft am Morgen! Wir waren nach zwei Wochen Roadtrip in Selfoss, nahe Reykjavik, angelangt – als ich kurz vor unserer Heimreise beschloss, noch einmal auf ein Islandpferd zu steigen. Einen Stall für einen Ausritt zu finden war ein Kinderspiel. In meinem Fall gab es fünf Reitställe im Umkreis von wenigen Kilometern, teilweise mit mehr als 200 Pferden. Das Glück der Erde liegt eben auf dem Rücken der Pferde – und in Island findet man mehr als ausreichend davon.Pferde in Island

Der Besitz möglichst vieler Islandpferde war schließlich vor der Wirtschaftskrise 2008 das Statussymbol schlechthin für einen Isländer. Heute ist die große Anzahl an Pferden wohl vor allem auf die gewachsene Nachfrage der Touristen zurückzuführen. In so einem großen Stall reiten zu gehen, kam für mich aber nicht in Frage. Und so kam ich auf Nupshestar, etwas weiter im Landesinneren in der Nähe von Fludir gelegen, mit „nur“ 72 Pferden auf den großen Weiden.

Wie viel kostet Reiten in Island?

Die Preise variieren von Reitstall zu Reitstall. So zahlt man für eine Stunde am Pferd mindestens 6.000 ISK (ca. 45 Euro). Der dreistündige Ausritt war in meinem Fall ein echtes Schnäppchen und lag bei 12.000 ISK (in anderen Ställen hätte ich in der Großgruppe das Doppelte bezahlt). Ein Check der Bewertungen auf Tripadvisor lohnt sich ebenfalls, um ein Gefühl für das Gebotene zu bekommen.

„Hi, my name is Elwira. Are you Katharina? You will get a private tour today.“

Auch ich recherchierte die Reitställe über Tripadvisor. Am Vormittag noch kurz eine E-Mail an die Stallbesitzerin Elwira geschrieben, saß ich zwei Stunden später schon fest im Sattel. Wir hatten einige Tage zuvor im Norden bereits einen Ausritt genossen, doch in der Gruppe von sechs Personen war ich dort die Einzige, die wirklich reiten konnte.

Dieses Mal wollte ich mehr, einen Gang höher schalten, die ausgetrampelten Pfade verlassen und die isländische Landschaft endlich auch im Galopp erkunden. So ähnlich waren auch die Worte, die ich Elwira per E-Mail kommunizierte. Und die verschafften mir mit viel Glück einen privaten Ausritt mit Reitlehrerin Andrea.

„You wanna have a fast one?“, fragte sie mich. Andrea und ich verstanden uns auf Anhieb. Die gebürtige Isländerin lebt in Norwegen, besucht dort die Highschool und absolvierte im Reitstall ihr Sommerpraktikum. Jeden Tag verbringt sie mehrere Stunden im Sattel, um Touristen die Schönheit der Natur auf dem Pferderücken zu vermitteln. „We have horses for all kinds of people“, erzählte sie „even for 3 year old children. Some of our horses seem to have a safety button.“

Mein Pferd, ein hochgewachsener Fuchswallach mit dem schönen Namen Lethvedi, war genau richtig für mich – denn der Safety Button fehlte. Er mochte es schnell, so wie ich!

Reitwege wie in die Landschaft gemalt

Lethvedi lies aufgeregt die Ohren spielen, als wir schließlich zur Mittagszeit durch die isländische Landschaft ritten. Selbst er scheint sich nicht an den atemberaubenden Anblick Islands gewöhnen zu können. Die Berge, anmutig in ihrer Kargheit, umspielt von weißen Schäfchenwolken, spiegelten sich im klaren Flusswasser. Island wirkte da wie eine Galerie auf mich, deren Bilder untereinander um Aufmerksamkeit buhlen. Eine besondere Kategorie von Schönheit die es hier zu erleben gibt.

Wir schalteten einen Gang höher

Musik in meinen Ohren – das Trampeln der Hufe wurde bald schneller. Wir galoppierten bei der ersten Gelegenheit an. Denn auch wenn sich der Tölt unglaublich weich anfühlt, das Gefühl vom Fliegen im Galopp kann es nicht toppen! Wir folgten dem Fluss bis zu seiner breitesten Stelle und stiegen schließlich auf die Bremse. Hier war das Wasser am seichtesten und so lenkten wir die Pferde an das gegenüberliegende Ufer.

Pause für Pferd & Reiter

Schließlich ließen wir die Pferde bei einem Schafstall auf halber Strecke grasen. Eigentlich sah dieser Ort mehr aus, wie ein frühgeschichtliches Hügelgrab, das sich, mit dichtem Gestrüpp bewachsen, perfekt in die Landschaft einfügte. Island ist wie eine Schatzkammer, in der hinter jeder Ecke ein neues Juwel wartet. Es war so schön, ich wäre auf die Knie gefallen, wäre ich nicht am Pferd gesessen.

Sommer. Sonne. Wind. Regen.

Die Fülle der Natur ist verwirrend für das Auge – und überaus befriedigend. Während du am Pferd sitzt, die Eindrücke inhalierst und die Sonnenstrahlen auf der Haut genießt, kann sich blitzschnell das Wetter ändern. Zur rechten noch der Sonnenschein, drängen sich Regenwolken dicht am Himmel und werfen erste Tropfen herab. Sich über Regen in Island aufzuregen hat keinen Sinn. Er kommt und geht wie es im gefällt.

Kurz nach unserer gemütlichen Pause goss es wie aus Kübeln. Im Eiltempo galoppierten wir das letzte Drittel nach Hause. Die Regentropfen trommelten in mein Gesicht, der frische Wind trug uns in Richtung Stall. Geist und Körper waren hellwach und beseelt von dieser sensationellen Erfahrung. Wenn du glücklich sein willst – reite im Regen. In Island ist die Wahrscheinlichkeit dafür sowieso hoch.

Glühend vor Dankbarkeit kam ich nass aber zufrieden zurück in den Stall. Eine Tasse Tee und ein Kuchen zur Stärkung und ich hätte wieder auf’s Pferd steigen können. Ich sah Lethvedi in die Augen und wusste: „Ich komme wieder!“