La belle vie – in Frankreich dürfte das gute Leben erfunden worden sein. Zumindest wird es wie eh und je zelebriert. Im Nordosten des Landes, dort wo im Frühling die Mirabellen blühen, verführt das pittoreske Metz Reisende und Kulturliebhaber. Eine mächtige Kathedrale im Herzen, zwei Flüsse als Pulsadern – das Zentrum Lothringens atmet Geschichte und regt mit Kultur-Highlights und kulinarischen Köstlichkeiten fernab von Paris selbstbewusst zum Genuss an. Ein echter Reise-Geheimtipp.
Metz inmitten von Mirabellen und Moselwein
„Das ist mein Büro!“
Die Augen von Eva Maurice leuchten, als sie auf die zarten Knospen ihrer Weinreben zeigt. Rundum blühen wenige Minuten außerhalb der Stadt Mirabellen, es riecht nach feuchter Erde. Wir stehen inmitten von 5,5 Hektar Weinberg der Domaine les Béliers, wo Eva mit ihrem Bruder und ihrem Vater Auxerrois, Pinot Gris und andere, für die Region typische Weinsorten, produziert.
Der Großteil der jährlichen Ausbeute von 25.000 Flaschen wird in der Region vertrieben, allen voran in Metz, wo die Weine es in die besten Restaurants geschafft haben. Und davon gibt es in der Gourmet-Metropole einige.
Malerisch eingebettet zwischen die Flüsse Mosel und Seille wird Genuss in Metz nicht nur in kulinarischer Hinsicht großgeschrieben. Die Stadt verführt Reisende nach allen Regeln der Kunst – und das im wahrsten Sinne. Bietet Metz doch neben zahlreichen Kulturstätten wie dem Centre Pompidou viele Architekturhighlights. Das Stadtzentrum eröffnet mit der Altstadt und dem imperialen Kaiserviertel einen Blick in die wechselhafte französisch-deutsche Geschichte der Stadt.
Französisch mit deutschem Einfluss – Metz und die Vergangenheit
Metz ist heute verglichen mit anderen Regionen in Frankreich (noch) ein touristischer Geheimtipp. Umso größer ist die Überraschung, wenn beim Spaziergang durch die Stadt klar wird, dass dieser Platz über Jahrhunderte weg von großer Bedeutung für Politik und Religion gewesen sein muss. Und genau das macht eine Metz-Reise so spannend. Ein kurzer Einblick in die Geschichte hilft dabei, die Identität dieser Stadt besser zu verstehen.
„Es war einmal ein Keltenstamm…“ – so in etwa beginnt die Geschichte rund um die Entstehung von Metz. Die Kelten nannten ihre Siedlung, deren Ursprünge bis 3000 v. Chr. zurückreichen, Götterburg (Divodorum). Die Römer machten daraus Mediomatricum und später Mettis. Als sie das heutige Metz vor etwa 2000 Jahren von den Kelten eroberten, führten sie die Stadt zu früher Blüte (größer als das damalige Paris).
Zwischenzeitlich Stammsitz der Karolinger entwickelte sich Metz ab dem 10. Jahrhundert zur selbstbewussten Republik, geführt von den ansässigen Patriziern. Parallel entdeckten christliche Orden die Stadt für sich und erbauten zahllose geistliche Gebäude, allen voran die Kathedrale St. Etienne.
Bis dann das französisch-deutsche Wechselspiel begann:
- Im 16. Jahrhundert machte König Heinrich II. gegen den Willen der Metzer Bürger Schluss mit der Unabhängigkeit. Metz war französisch.
- 1870 belagerte die deutsche Armee die Stadt im Deutsch-Französischen Krieg erfolgreich und leitete nach der Eroberung unter Kaiser Wilhelm II. auch architektonisch eine neue Periode ein. Metz war deutsch.
- 1919, nach dem ersten Weltkrieg änderten sich die Verhältnisse erneut. Es kam, wie es kommen musste: Metz war (wieder) französisch.
- Nach einer kurzen Ruhephase wurde Lothringen inklusive Metz im 2. Weltkrieg schon wieder deutsch.
- Tja und danach, ab November 1944, eben wieder französisch.
Französische Altstadt, deutsche Neustadt
Dieses französisch-deutsche Hin und Her prägt das heutige Gesicht der Stadt. Offenbar war der Respekt der jeweils gerade regierenden Nation vor den bestehenden Bauten aber so groß, dass nicht abgerissen, sondern in eigenen Vierteln einfach neu gebaut wurde.
Während die Metzer Altstadt sich ihr sehr französisches Gesicht geprägt vom Klassizismus bewahrt hat, ist das imperiale Kaiserviertel ein durchdachtes Beispiel deutschen Städtebaus.
Enge Gässchen in der Altstadt kontrastieren mit den breiten Pracht-Boulevards des imperialen Viertels. Und während in der Altstadt vor allem der blass-gelbe Jaumont-Stein aus der Region genutzt wurde, legt das Kaisviertel viel Wert auf farbliche und architektonische Abwechslung. Ein bisschen Neo-Gotik hier, ein bisschen Art Déco da und noch eine Prise Jugendstil. Historismus war en vogue und das ist kaum zu übersehen.
Hinter dem Bahnhof Metz-Ville wird an einem neuen Viertel gebaut – jenem, das die Gegenwart repräsentiert. Neben dem bereits fertiggestellten, organisch geformten Centre Pompidou entstehen ein Kongresszentrum und ein Hotel.
Übrigens: Neuerdings steht Metz – völlig zurecht – auf der Vorschlagsliste für die Aufnahme als UNESCO Weltkulturerbe. Wenn die Aufnahme gelingt, wird Metz nicht länger ein Reise-Geheimtipp bleiben.
Tipp: Am besten lässt sich die Innenstadt zu Fuß mit einem Guide erkunden. Touren sind im Office de tourisme Metz, direkt neben der Kathedrale am Place d’Armes gelegen, buchbar.
Was ein verhinderter Bischof mit Fuseau zu tun hat
„La lanterne du Bon Dieu“ zählt bis heute zu den prächtigsten Kathedralen Frankreichs. Über vierzig Meter hoch ist die Kathedrale von Metz und damit nach Amiens und Beauvais die dritthöchste des Landes. Und weil der gotische Baustil große Fenster ermöglicht, hat man in fast 300-jähriger Bauzeit gleich 6500 Quadratmeter davon verbaut.
Dieses Monument hat sicherlich auch den Bischof schwer beeindruckt, der 1762 direkt daneben seinen Bischofspalast in Auftrag gegeben hat. Nach Ausbruch der französischen Revolution war es allerdings nicht mehr en vogue Kleriker zu sein. Und das überbordende Bauwerk benötigte einen alternativen Verwendungszweck. Die erfinderischen Franzosen machten Not zur Tugend und taten, was sie am besten konnten: sie bauten das Gebäude fertig und integrierten eine Genussmeile.
Heute gilt der Covered Market (Marche Couvert) als einer der Großartigsten in Frankreich. Im Inneren reihen sich über vierzig Imbiss- und Delikatessen-Läden aneinander.
Mittags werden dort Köstlichkeiten gereicht, die für die Region so typisch sind:
- Quiche Lorraine, das weit über die Grenzen bekannt ist
- Kartoffeln mit Speck, die für die hart arbeitende Bevölkerung vergangener Zeiten eine Art Grundnahrungsmittel waren
- …und Fuseau.
Diese geräucherte und luftgetrocknete Wurst gilt den Menschen in Lorraine (=Lothringen) als lokale Spezialität. Und ganz klar: Am besten schmeckt Fuseau mit einem Gläschen Auxerre aus den umliegenden Weinhügeln.
Basics für die Metz Reise: Anreise & Hotel
Um für einen Citytrip oder im Zuge einer größeren Reise nach Metz zu gelangen, bietet sich die Anreise per Flugzeug über Luxemburg oder Paris an. Wir sind um lediglich 70 Euro mit Luxair von München nach Luxemburg und retour geflogen. Von dort gelangt man per Mietwagen in nur 45 Minuten Fahrzeit nach Metz. Die Zugverbindung ist in regelmäßigen Intervallen verfügbar und in 55 Minuten Fahrzeit zu bewältigen. Von Paris ist ebenfalls eine Zugfahrt (per TGV) anzuraten.
Unser Hotel in Metz war das Mercure Metz Zentrum Hotel. Die Vorteile des Hotels sind die zentrale Lage (alle wesentlichen Sehenswürdigkeiten fußläufig erreichbar) und der verfügbare Parkplatz, der im Zimmerpreis (ca. 100 Euro) inkludiert ist. Obwohl schon etwas in die Jahre gekommen, ist es für einen Citytrip übers Wochenende mehr als ausreichend.
Vielen Dank an das Office de tourisme Metz, das diese Reise unterstützt hat. Unsere Meinung bleibt – wie immer – unsere Meinung.